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Scout bewertet Sprengnetter bei Übernahme mit 100+ Mio. €

Am 8. August 2023 hat die Scout24 AG ihren Halbjahresbericht veröffentlicht. Hierin werden auch Zahlen rund um die Übernahme der Sprengnetter Gruppe aus Bad Neuenahr / Ahrweiler veröffentlicht.

Scout24 hatte am 19. Juni 2023 bekanntgegeben, sich mit 75% über ihre Consumer First Services GmbH an der Sprengnetter Gruppe beteiligt zu haben. 

 

Wie groß Sprengnetter ist

Sprengnetter wurde 1978 von Dr. Hans Otto Sprengnetter gegründet. 2014 hat der aktuelle CEO Jan Sprengnetter die Unternehmensleitung übernommen und in den letzten zehn Jahren ein umfassendes Portfolio digitaler Bewertungs- und ESG-Produkte etabliert.

Die vom Geschäftsvolumen größte Gesellschaft innerhalb der Sprengnetter Gruppe ist die Sprengnetter Property Valuation Finance GmbH. Diese stellt ein Full-Service-Angebot an Immobilienbewertungsprodukten und -technologien vorrangig für die Kreditwirtschaft bereit. Die Produkte umfassen End-to-End-Softwarelösungen, digitale und KI basierte Unterlagen- und Daten-Services und plattformbasierte Bewertungsdienstleistungen.

Angaben zum Geschäftsvolumen der Sprengnetter Gruppe macht Scout nur spärlich in seinen Veröffentlichungen. In dem Halbjahresbericht gibt Scout an, dass Sprengnetter im 1. Halbjahr 2023 ein Umsatzvolumen in Höhe von 13 Mio. € (ohne Umsätze mit Scout) erzielt habe. Sollte der Umsatz von Sprengnetter über das Gesamtjahr gleichmäßig verteilt sein, würde sich hieraus ein Umsatz der Sprengnetter Gruppe für das Jahr 2023 in Höhe von € 26 Mio. ergeben. Die EBITDA-Marge von Sprengnetter gibt Scout in der Ad hoc Mitteilung mit 20% an. Demnach würde das EBITDA der Spregnetter Gruppe in 2023 in Höhe von 5,2 Mio. € erwartet. Heute beschäftigt Sprengnetter ca. 250 Mitarbeiter an seiner Firmenzentrale in Bad Neuenahr / Ahrweiler und den weiteren Standorten.

 

Transaktionsdetails der Sprengnetter Übernahme

Details zur Transaktion können im Halbjahresbericht H1 2023 der Scout24 SE nachgelesen werden. Der Kaufpreis setzt sich wie folgt zusammen:

  • € 27,6 Mio. in Cash
  • € 51,3 Mio. in Scout24 SE Aktien
  • in Summe ergibt sich ein fester Kaufpreis in Höhe von € 78,9 Mio. für 75% der Anteile
  • Als zusätzliche variable Kaufpreiszahlung haben die Parteien bis zu € 11,2 Mio. in Cash vereinbart.
  • Bei Eintritt der Bedingungen zahlt Scout also einen Gesamtkaufpreis (fix + variabel) in Höhe von ca. € 90 Mio. für 75% der Anteile an der Sprengnetter Gruppe.
  • Die verbleibenden 25% Anteile werden in dem Halbjahresbericht mit € 32,66 Mio. bewertet. Für den Erwerb dieser 25% gibt es eine wechselseite Call- und Put-Option, die zu Ende des Jahres 2025 ausübbar sind. Das bedeutet, dass sowohl Jan Sprengnetter das Recht hat, seine bei ihm verbleibenden Anteile zu verkaufen (Put Option), also auch Scout24 das Recht besitzt, die bei Jan Sprengnetter verbliebenen Anteile zu kaufen (Call Option). 
  • Somit ergibt sich in Summe eine Bewertung für 100% der Anteile der Sprengnetter Gruppe in Höhe von € 123 Mio. 
  • Die Übernahme wurde per 1. Juli 2023 wirksam. 

Der Umsatz der Sprengnetter Gruppe dürfte in großem Umfang aus wiederkehrenden Gebühren für die Nutzung ihrer Software bestehen. Dementsprechend ergäbe sich ein Multiple von ca. 5,0 auf den ARR (annual recurring revenue, also den jährlich wiederkehrenden Umsatz).

 

Die Ratio hinter dem Deal

In der Mitteilung zur Verkündung des Deals gibt Scout an:

"Mit der Übernahme der Sprengnetter Gruppe setzt Scout24 seine Strategie fort, ein umfassendes digitales Ökosystem zur Vereinfachung von Immobilientransaktionen aufzubauen. Mit der Integration der Sprengnetter-Produkte in das ImmoScout24 Ökosystem ermöglicht Scout24 allen Beteiligten die verstärkte Nutzung unabhängiger Bewertungsdaten für Immobilienobjekte und erhöht damit die Transparenz bei der Entscheidungsfindung. Bestehende Kund:innen von Sprengnetter werden von einem breiteren und stärker integrierten Angebot profitieren, das die Stärken von ImmoScout24 mit den innovativen Produkten von Sprengnetter kombiniert."

Was hiermit gemeint ist, zeigt der Blick zur REA Group, die vor allem in Australien eine ähnliche Marktführende Position innehat wie Immoscout24 in Deutschland. REA hatte PropTrack - das australische Pendant zu Sprengnetter - 2018 übernommen (damals noch unter dem Namen Hometrack) und die Bewertungsprodukte stark in die eigene Plattform integriert. Wie der Investoren-Präsentation der REA Group zu entnehmen ist, spielt PropTrack mittlerweile eine zentrale Rolle im Geschäftsmodell von REA. REA gibt an, führend in Australien bei Immobiliendaten, -bewertungen und Insights zu werden und REA mit diesen Daten zu versorgen.

REA Investor Report FY 2023 p11

Quelle: REA Group, Investor and Analyst Presentation Financial Year 2023

In welche Richtung die genannten Insights gehen können, zeigt REA ebenfalls in seiner Investoren-Präsentation: 

REA Investor Report FY 2023 p17

Quelle: REA Group, Investor and Analyst Presentation Financial Year 2023

Es ist interessant zu sehen, wie nah die neueste AVM Generation an die tatsächlichen Verkaufspreise rankommt. Auch die Wachstumsrate von 51% in der Nutzung ist beeindruckend. Auf einer weiteren Folie gibt REA an, jede 4. Immobilie in Australien bewertet zu haben. 

Strategisch steht bei REA vor allem die Entwicklung sog. "Propensity-Modelle", also von komplexen Scoring-Modellen, die die Neigung eines Immobilien-Eigentümers, seine Immobilie zu verkaufen, zu listen und zu refinanzieren bewertet:

  • Propensity-to-List (P2L): Basierend auf predictive Machine Learning Modellen wird mit dem P2L Score die Wahrscheinlichkeit angegeben, dass eine Wohn-Immobilie in den nächsten z.B. 90 Tagen zum Verkauf angeboten werden wird.
  • Propensity-to-Sell (P2S): Mit dem P2S Score wird für Immobilien die Wahrscheinlichkeit angegeben, dass sie in der nächsten Zeit , z.B. 90 Tage, verkauft werden. 
  • Propsensity-to-Refinance (P2R): Der P2R Score gibt die Wahrscheinlichkeit für eine Refinanzierung an. 

Basierend auf dem Sprengnetter Footprint im Bereich ESG ist sicherlich auch ein Propensity-to-Renovation (P2Re) Score vorstellbar, also wie wahrscheinlich die Durchführung einer energetischen Maßnahmen ist. Und an der Sanierung hängt wiederum die Finanzierung.

Es ist durchaus vorstellbar, dass ImmoScout eine ähnliche Strategie wie REA verfolgt:

  • Die Mehrzahl der Immobilie in Deutschland zu kennen und
  • hierfür einschätzen zu können, wie wahrscheinlich eine Transaktion ist, wobei eine Transaktion eine Sanierung, Refinanzierung, Verkauf oder Vermietung sein kann und
  • hierfür die passenden Produkte und Dienstleistungen anzubieten, um die Wertschöpfungskette end-to-end abbilden zu können. 

Hiervon könnte das gesamte Ökosystem an Produkten für Käufer, Mieter, Verkäufer, Vermieter und Makler profitieren. Gelingt es Scout, Sprengnetter stark zu integrieren, ist es sehr gut vorstellbar, dass die Sprengnetter Daten das Kerngeschäft stärken und neue Umsatzströme generieren können. 

Mit Jan Sprengnetter, dem CEO der Sprengnetter Gruppe, habe ich mich in einer Folge des Podcasts ImmoKaiser u.a. über die Scout Übernahme unterhalten: 

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